Demenz: Ginkgo ist nur eine schwache Hilfe
Viele Hersteller behaupten, ihre Ginkgo-Präparate würden gegen Demenz helfen. Doch fast alle Studien belegen das Gegenteil.
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saldo 06/2009
28.03.2009
Letzte Aktualisierung:
31.03.2009
Andreas Grote
Bei Demenz und Alzheimer kämpfen Patienten zuerst gegen Vergesslichkeit und Orientierungsschwächen. Später folgt der völlige Zerfall des Denkvermögens. Ginkgo-Präparate sollen diesen Prozess aufhalten, verkünden die Hersteller der Naturarznei seit Jahren. Jetzt kommt ein Bericht im deutschen Fachblatt «Arznei-Telegramm» zum vernichtenden Schluss: Die Wirksamkeit von Ginkgo ist nicht belegt. Die Zeitschrift rät dementen Patienten ab, die Pr&a...
Bei Demenz und Alzheimer kämpfen Patienten zuerst gegen Vergesslichkeit und Orientierungsschwächen. Später folgt der völlige Zerfall des Denkvermögens. Ginkgo-Präparate sollen diesen Prozess aufhalten, verkünden die Hersteller der Naturarznei seit Jahren. Jetzt kommt ein Bericht im deutschen Fachblatt «Arznei-Telegramm» zum vernichtenden Schluss: Die Wirksamkeit von Ginkgo ist nicht belegt. Die Zeitschrift rät dementen Patienten ab, die Präparate weiterhin zu schlucken. Zur gleichen Bewertung kommt das renommierte Cochrane-Forschungsinstitut, das sämtliche Studien über Ginkgo ausgewertet hat.
Bei Herzkranken Verstärkung der Demenz möglich
Ginkgo-Präparate beugen bei Demenz auch nicht vor: Eine Studie dazu veröffentlichte das renommierte Fachblatt «Journal of the American Medical Association» Ende letzten Jahres. Die Forscher hatten über 3000 Senioren untersucht. Ginkgo kann die Demenz bei Patienten sogar verstärken, wenn sie an Herzkrankheiten leiden.
«Das Behandeln der Demenz mit Medikamenten ist unbefriedigend»
Die Schwabe Pharma in Küssnacht SZ vertreibt das Ginkgo-Präparat Tebokan. Die Firma räumt ein, dass Ginkgo-Präparate keine Demenz verhindern können. Es gäbe aber Studien, die belegten, dass Ginkgo bei leichter bis mittelschwerer Demenz wirke, schreibt sie saldo. Auch sei Ginkgo im Vergleich zu chemischen Substanzen nachgewiesenermassen gut verträglich und kostengünstig. Man könne das Mittel daher früh gegen Leistungseinbussen des Gehirns einsetzen, so die Schwabe Pharma. Es sei zudem eine sanfte Alternative zu den chemischen Mitteln.
In der Tat sind die Mittel aus der Pharmaküche nicht viel effizienter. Denn Medikamente mit Wirkstoffen wie Donezepil, Galantamin oder Memantin verbessern die Symptome nur leicht oder führen höchstens vorübergehend zu einer Stabilisierung. Wirksame Alternativen gibt es nicht. Kein Wunder, streichen Demenz-Experten Ginkgo nicht von der Medikamentenliste.
Gabriela Bieri-Brüning, leitende Ärztin an der Memory-Klinik Entlisberg der Stadt Zürich: «Das Behandeln der Demenz mit Medikamenten ist unbefriedigend. Wir sehen Ginkgo daher nicht so negativ.» Es gäbe zudem Studien, die zeigen, dass Ginkgo fast gleich wirksam sei wie Aricept und ähnliche Medikamente. Auch der Zürcher Stadtarzt Albert Wettstein sagt: «Es lohnt sich, das Mittel auszuprobieren.»
Ernährung: Wichtig sind Omega-3-Fettsäuren, viel Obst und Gemüse
Experten sind sich einig: Die beste Waffe gegen Demenz heisst vorbeugen. Dies bestätigt auch Ärztin Gabriela Bieri-Brüning. Dazu gehören:
- Hirntraining
- soziale und geistige Aktivität
- Rauchstopp
- ausreichende Bewegung
- vermeiden von Risikofaktoren fürs Herz wie Bluthochdruck, hohe Blutfette und Zuckerkrankheit.
Auch die Ernährung ist wichtig: Französische Wissenschafter haben herausgefunden, dass die regelmässige Einnahme von Omega-3-Fettsäuren das Demenzrisiko um 60 Prozent senken kann. Omega-3-Fettsäuren stecken in fettem Fisch, aber auch in Raps- oder Leinsamenöl. Auch täglicher Konsum von Obst und Gemüse senkt das Risiko um 30 Prozent.